Oldenburg

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Vom Schlosswall aus betrachtet, sieht er nicht gerade imposant aus, der Oldenburger Pulverturm. Wenn man aber unterhalb des heutigen Straßenniveaus zu seinen Füßen steht, gewinnt man schon einen ganz anderen Eindruck. Nicht, dass er sich mit seinem berühmten Namensvetter in Prag nur annähernd messen könnte, aber trotzdem bekommt man das Gefühl dafür, dass dieser Turm und die angrenzende Mauer ein echtes Hindernis für Leute darstellten, die die Oldenburger nicht in ihrer Stadt haben wollten. Dabei muss man sagen, dass dieser Turm die schlimmsten kriegerischen Auseinandersetzungen um die Stadt gar nicht miterlebt hat. Als er 1529 als „großer Zwinger vor dem Eversten Tor“ errichtet wurde, lagen die wüsten Zeiten des Raubgrafen Gerd, in denen Oldenburg schwer belagert worden war, schon lange Jahre zurück.

Wenn wir ihn nun genauer betrachten, unseren Pulverturm, fällt zunächst das Baumaterial auf: Hier in der Gegend baute und baut man weniger mit Naturstein, der in der norddeutschen Tiefebene so gut wie nicht vorkommt, sondern mit Backstein. Darüber hinaus erkennt man anhand der unterschiedlichen Färbung der Steine, dass der Turm nicht von Anfang an so ausgesehen hat, wie er heute dasteht. Zunächst war er als flachbedachte Bastion angelegt, von der aus man mit Kanonen die Brücke über den Stadtgraben zum Eversten-Tor sichern konnte.

Ein Kuppel erhielt der Turm erst im 17. Jhd. Und da er noch ein Jahrhundert später, während der dänischen Herrschaft in Oldenburg, als Pulverturm benutzt wurde, erhielt er schließlich davon seinen Namen.

Als im 19. Jhd. die Stadtmauern zum Stehimweg ohne Funktion wurden, trug man sie, ebenso wie in vielen anderen Städten, ab und ermöglichte damit, eine Erweiterung des städtischen Siedlungsraumes. In Oldenburg ist einzig und allein der Pulverturm von der alten Stadtbefestigung übrig geblieben, und das auch nur, weil man für seine dicken Mauern mit ihrer temperierenden Wirkung inzwischen eine ganz andere Verwendung gefunden hatte: Der Turm wurde als Eiskeller, also als eine Art Kühlschrank, für das nahegelegene großherzogliche Schloss genutzt. Und als solcher war er lange Jahre als stimmungsvolles Gemäuer eingebunden in das Arrangement des Schlossgartens.

Heute schmückt der Turm den Schlosswall als Zeuge und Beleg einer langen und stolzen stadtgeschichtlichen Tradition. Außerdem fungiert er schon seit vielen Jahren als Kulturveranstaltungsort oder Ausstellungsraum mit besonderem Charme.