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Auf den ersten Blick sieht man es ihm gar nicht an, aber das Rasteder Schloss steht auf Grundmauern, die fast tausend Jahre alt sind. Denn dort, wo sich heute das lange Hauptgebäude erstreckt, befand sich früher das Haus des Abtes des berühmten Benediktinerklosters Rastede.
Dieses Kloster war durch das ganze Mittelalter hindurch das kulturelle Zentrum der Grafschaft Oldenburg. Und noch heute gibt es Zeugen dieser großen Vergangenheit, so z. B. die kostbare Bilderhandschrift des „Sachsenspiegels“, einer mittelalterlichen Gesetzessammlung, die hier an Ort und Stelle entstanden ist, oder auch die „Rasteder Klosterchronik“, die den Beginn der oldenburgischen Geschichtsschreibung markiert.
Erst mit der Einführung der Reformation ging es mit dem Kloster zu Ende. Die Oldenburger Grafen ließen 1529 die letzten Mönche abfinden, deren Leben ohnehin schon nicht mehr sehr gottesfürchtig gewesen sein soll. Zudem zog das Grafenhaus die Klostergüter kurzerhand ein. Der berühmte Graf Anton Günther ließ hier später ein „Lust- und Jagdhaus“ errichten, das er sehr geliebt hat. Im Jahr 1667, nachdem er 64 Jahre lang geherrscht hatte, zog er sich hochbetagt hierher zurück, um zu sterben. Er war der letzte Graf von Oldenburg, denn er hatte keinen legitimen Nachfolger. Und so hinterließ er seine trauernden Untertanen einer recht ungewissen Zukunft, denn die erbberechtigte Verwandtschaft war das dänische Königshaus mit Sitz im fernen Kopenhagen.
Doch auch während der Dänenzeit blieb Rastede zunächst Adelssitz: Die aus einer dänischen Nebenlinie stammende Prinzessin Sophie Eleonore von Holstein-Beck hielt hier standesgemäß Hof. Nach ihrem Tod hatten die Dänen jedoch keine Verwendung mehr für die inzwischen etwas in die Jahre gekommene Residenz und verkauften sie an den Justizrat von Römer. Dieser ließ das Areal in einen repräsentativen Landsitz verwandeln und daher, dem Zeitgeschmack entsprechend, die noch verbliebenen Überreste mittelalterlicher Bausubstanz fast vollständig entfernen.
1777, drei Jahre, nachdem Oldenburg wieder eigenstaatlich geworden war, erwarb Herzog Peter Friedrich Ludwig das geschichtsträchtige Anwesen, womit es wieder in den Besitz der oldenburgischen Herrscherfamilie gelangte. In der Folgezeit ließ der Herzog das Schloss in seinen jetzigen Zustand versetzen. Mühelos ist hier die Handschrift der Bauherren zu erkennen, die auch das klassizistische Erscheinungsbild der Stadt Oldenburg bis heute geprägt haben. Im Sinne der herzoglichen Residenz wurde das umliegende Areal des Schlosses umgestaltet: Links des Hauptgebäudes entstand der Marstall und rechts das Kavalierhaus für Gäste, sowie beidseitig der Zufahrt die beiden Torhäuser.
Bis zur Novemberrevolution 1918 diente das Schloss den regierenden Großherzögen als Sommerresidenz. Und noch heute ist es im Besitz der herzoglichen Familie.