Schatzgräber und der schwarze Reiter

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Auf dem, was heute so gepflegt als Landschaftsschutzgebiet Mansingen und Umgebung daherkommt, ging es früher wesentlich rauer zu. Die beiden Hügel, die von den Einheimischen Hammjeborg genannt werden, sind nämlich ein alter Burgplatz, auf dem die Ritter von Mansingen ihren Stammsitz hatten. Sie waren Gefolgsleute der Grafen von Oldenburg, die um das Jahr 1100 herum ihre Herrschaft im Ammerland festigten. Da die Grenze zum nicht weit entfernten Friesland aber nie ganz sicher gewesen ist, ist es auch möglich, dass die Burg anfangs eine Fliehburg für die umliegende Bevölkerung gewesen ist. Die erste Befestigung bestand wohl nur aus den beiden aufgehäuften Hügeln, die mit Palisadenzäunen gesichert waren. Das waren zwar einfache Mittel, in diesem moorastigen Umfeld aber wohl durchaus wirksam. Später hat man die Anlage mit Wällen und Gräben ausgebaut, so wie es die heutige Geländetopographie zeigt. Um 1400 herum ist die Burg schließlich aufgegeben worden.

Aber man erzählt, dass die alten Ritter etwas zurückgelassen hätten. Und zwar einen Schatz von beträchtlichem Wert. Auch soll er noch heute dort liegen, denn es ist ausgesprochen schwierig, ihn zu heben. Er wird nämlich vom Teufel bewacht! Woher ich das weiß? Das will ich Ihnen sagen. Einmal waren einige besonders Mutige oder Habgierige, ganz wie man will, des Nachts hierher gekommen  und hatten damit begonnen, nach den Schätzen zu graben. Wie jeder Schatzgräber weiß, muss die Arbeit unter strengstem Schweigen erfolgen, da sonst ein solches Vorhaben niemals Erfolg haben kann. Während sie auf diese Weise am Graben waren, hörten sie plötzlich eiliges Hufgetrappel in der Nacht. Nicht lange, und sie sahen eine Kutsche heranfahren, die mit vier galoppierenden schäumenden Pferden bespannt war. Wie der Wind brauste sie durch Wiese und Wald, sauste vorüber und verfolgte den alten Steinweg der Burg, der noch immer unter der Erde verborgen liegen soll. Den Schatzgräbern wurde es dabei ganz unheimlich zumute, dennoch setzten sie ihre Arbeit schweigend fort. Und wirklich stießen sie bald auf eine große eiserne Kiste. Schon hatten sie sie bis an den Rand ihrer Grube gewuchtet, da erblickten sie in der Dunkelheit einen schwarzen Reiter auf einem riesigen Hahn mit rotgelben, wie Feuerflammen leuchtenden Federn. Die Schatzgräber erstarrten. Doch dann bemerkten sie, dass das Vorwärtskommen des Hahnes recht mühselig war, denn ihm waren die Füße zusammengebunden, so dass er sich nur hüpfend fortbewegen konnte. Nach jedem dritten oder vierten Sprung fiel er dabei mit seinem Reiter hin und musste von diesem wieder aufgerichtet werden. Als er endlich auf der Höhe der Schatzgräber war, blickte der Reiter sie plötzlich an und fragte mit unheimlicher dumpfer Stimme: „Sagt mir! Kann ich die Kutsche noch einholen?“ Da antwortete einer der Schatzgräber halb unwillig halb verängstigt: »Das mag nur noch der Teufel können!« Im selben Augenblick war jedoch der unheimliche Reiter samt seinem merkwürdigen Reittier verschwunden. Gleichzeitig entrollte den Männern die Kiste und sank unter lautem Poltern unrettbar in die Tiefe.

Wenden wir uns aber zum guten Schluss lieber vom Teufel ab und der Kirche zu. Denn der Burgplatz Mansingen wird einer der Standorte des Ammerländer Kunstpfades, der bedeutsame und geschichtsträchtige Orte des Ammerlandes bestückt.  Als solcher Ort erhält Mansingen einen etwas leicht futuristisch anmutenden, aber deswegen nicht weniger schönen ökumenischen Freialtar.